Geschäftsbericht 2022

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An unsere Aktionärinnen und Aktionäre

Interview mit
unserem CEO

Hallo Bjørn, und willkommen bei den drei Streifen. Oder sollten wir eher sagen ‚Willkommen zurück‘ bei den drei Streifen?

Nun, man kann beides sagen. ‚Willkommen‘ passt gut und natürlich auch ‚Willkommen zurück‘, und ich freue mich über beides. Es ist wie eine Heimkehr zu der Marke, die mir schon immer total am Herzen lag. Mein Vater war ein adidas Athlet und ich hatte als Kind beim Sport immer adidas an. Und dann war ja auch mein erster Job bei adidas. Ich habe adidas immer im Blick behalten, als ich in anderen Bereichen der Branche gearbeitet habe. Daher ist es eine große Ehre für mich, zurückkehren zu dürfen.

Wie war es, zu Beginn des Jahres als Vorstandsvorsitzender von adidas ins Büro zu kommen?

Als ich das Gebäude betrat, hat sich das sehr gut angefühlt. Natürlich weiß ich, dass es im Moment nicht so rosig aussieht und dass man von uns erwartet, dass wir besser werden. Und ich kann diese Hoffnung spüren.

Du warst fast dein ganzes Leben lang Sportler und bist jetzt Vorstandsvorsitzender von adidas. Wie hat der Sport dein Leben und deinen Führungsstil geprägt?

Sport ist mein Leben. Da mein Vater Leistungssportler war, habe ich als Kind alle möglichen Sportarten gemacht – von Skifahren über Leichtathletik bis hin zu Handball und Fußball. Ich habe später professionell Fußball und Handball gespielt, aber leider hat eine Verletzung meine Karriere vorzeitig beendet. Meine Frau war Landesmeisterin im Turnen, und meine Söhne haben auf hohem Niveau Fußball gespielt. Ich verbringe fast 100 % meiner Zeit mit Dingen, die mit Sport zu tun haben.

Ich habe einen Bachelor- und einen Master-Abschluss, aber was mir am meisten über Führung beigebracht hat, ist der Mannschaftssport. Man spielt mit Leuten, die man mag, mit Leuten, die man nicht mag, mit Leuten, die besser oder schlechter sind als man selbst, und man muss die Position finden, auf der man den größten Einfluss auf das Team hat. Ich habe durch Sport viel gelernt und lerne immer noch viel.

Du bezeichnest dich selbst als ‚Sportromantiker‘. Was meinst du damit?

Ich glaube, dass alle Sportarten wichtig sind. Es gibt eine Tendenz, sich auf die großen Sportarten wie Fußball, Basketball und Laufen zu konzentrieren, aber die kleineren Sportarten sind genauso interessant. Ich hatte immer das Gefühl, dass Adi Dassler auch ein Sportromantiker war, der versucht hat, für alle Sportarten die beste Ausrüstung zu liefern. Und ich habe die selbe Philosophie. Sichtbarkeit in vielen Sportarten bringt viel, denn das macht uns glaubwürdig. Darum bin ich ein Sportromantiker. Ich liebe alle Sportarten.

Du hast vorhin Mannschaftssport erwähnt. Wie baust du ein Siegerteam auf?

Nun, es ist schwer zu sagen, wie ich ein erfolgreiches Team aufbaue, denn das Wort ‚ich‘ ist hier etwas irreführend. Ich denke, wir bauen erfolgreiche Teams auf, indem wir uns gegenseitig respektieren, unsere individuellen Stärken nutzen und versuchen, unsere Kolleginnen und Kollegen besser zu machen. Das ist die beste Formel. Wenn man sich die Fußball-WM ansieht, gewinnt nicht immer die Mannschaft, die auf dem Papier die beste ist. Oft gewinnt die Mannschaft, die geschlossen auftritt und als Team agiert.

Natürlich braucht man einen Trainer, und man braucht einen oder mehrere Kapitäne. Letztlich dürfen wir nicht vergessen, dass ein schlechter Trainer ein gutes Team schlecht machen kann, aber auch, dass ein großartiger Trainer allein ein schlechtes Team nicht gut machen kann. Alle Spielerinnen und Spieler müssen ihre Rolle ausfüllen und versuchen, nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Mitspielerinnen und Mitspieler besser zu machen. Das sind die Teams, die in Zukunft Erfolg haben werden.

Und dann ist da noch die Unternehmenskultur. Wir sind in so vielen verschiedenen Märkten tätig, dass wir ein wirklich multikulturelles Team brauchen. Ich denke auch, dass unser Arbeitsplatz ein Ort sein sollte, an dem man total viel Spaß hat. Wir sollten viel lachen und uns selbst nicht zu ernst nehmen. Wir sollten anders sein dürfen und uns gegenseitig respektieren. Es spielt keine Rolle, wer man ist oder welchen Job man macht, wir sind alle adidas. Damit kommt dann der Teamgeist, den wir brauchen, um zu gewinnen.

Lass uns nun das Thema wechseln und über das Geschäft sprechen. Wie siehst du die aktuelle Situation?

Wenn man sich die Zahlen ansieht, ist es offensichtlich, dass wir nicht so performen, wie wir sollten. Ich habe es schon oft gesagt, wir haben alles, was wir brauchen, um zu gewinnen: Wir haben eine großartige Marke, wir haben Glaubwürdigkeit, Authentizität, Innovation, Partnerschaften, wir haben sehr talentierte Leute, und wir haben ein globales Netzwerk.

Aber Covid-19 hat adidas vor Probleme gestellt, die vielleicht nicht so pragmatisch angegangen wurden, wie es hätte sein sollen. Jetzt sind wir in einer Strategie gefangen, die nicht wirklich an die Veränderungen in der Welt angepasst ist – mit der Pandemie und allem, was danach kam.

Jetzt sollten wir unsere Multi-Brand-Einzelhandelspartner und ihre Konsumentinnen und Konsumenten zufrieden stellen. Sie brauchen starke Umsätze, aber wir brauchen auch einen starken Direktverkauf für uns selbst. Wir müssen bei der Vermarktung unserer Produkte all diese Kanälen besser und mit mehr Disziplin managen.

Wir wissen, dass 2022 ein schwieriges Jahr war und dass 2023 nicht viel einfacher wird. Unsere gesamte Branche hat unter hohen Lagerbeständen gelitten, und als Konsequenz gibt es viele Rabattaktionen auf dem Markt.

Aber wir haben auch einige Gewinner, vor allem im Performance-Bereich. Unser Fußballgeschäft ist mit großartigen neuen Konzepten und Produkten sehr gut aufgestellt, und wir haben enorme Fortschritte im Laufsport gemacht, der vielleicht der schwierigste Bereich ist, in dem man sich als Performance-Marke qualifizieren muss. Ich finde es toll, dass wir uns in der Outdoor-Branche etabliert haben, unser Golfgeschäft läuft gut, und auch im Bereich Basketball haben wir einiges vor.

Im Lifestyle-Bereich haben wir Kooperationen mit Gucci, Prada, Moncler und anderen. Ich denke, wenn die Leute manchmal sagen, wir sind nicht interessant, sind wir vielleicht manchmal zu interessant und feiern die einzelnen Erfolge nicht, weil wir so viele haben. Ich bin mir sicher, dass wir, wenn wir etwas Zeit haben, dies zu einer sehr erfolgreichen Formel machen können – und werden. Wir müssen nur noch ein wenig an den Grundlagen arbeiten.

Worauf muss sich adidas konzentrieren, um wieder auf Kurs zu kommen?

Wir müssen uns auf den Kern unseres Geschäfts konzentrieren: Design, Entwicklung, Beschaffung, Marketing, Verkauf und Lieferung von Produkten. Wir dürfen nie vergessen, dass wir eine Marke für Schuhe, Bekleidung und Accessoires sind, die physische Produkte verkauft. Alles darum herum sollte dies unterstützen. Im Moment bedeutet das, dass wir uns auf das Produkt konzentrieren müssen, auf die Art und Weise, wie wir es vermarkten, und darauf, die serviceorientierteste Organisation sowohl für unsere Einzelhandelspartner als auch für unsere Konsumentinnen und Konsumenten zu sein.

Wir sollten die beliebteste Marke sein, sowohl bei Athletinnen und Athleten als auch bei denen, die Einfluss auf unser Geschäft haben. Wir müssen das beste Produkt herstellen und immer daran denken, dass unsere Konsumentinnen und Konsumenten zwar global informiert sind, aber dennoch lokal denken und handeln.

Wie schätzt du die Bedeutung unserer Märkte ein?

Während der Coronavirus-Pandemie haben sich die Märkte uneinheitlich entwickelt. China war gleichzeitig in Teilen offen und in anderen geschlossen, die USA waren offen, aber Europa war geschlossen – das bedeutete, dass die Markteinführung von Produkten und die Ströme innerhalb unserer Industrie von sehr global zu sehr lokal wurden. Die politischen Spannungen und das wirtschaftliche Chaos der letzten drei Jahre haben ebenfalls dazu beigetragen.

Die Bedürfnisse in China können sich von denen in Deutschland oder Nordamerika unterscheiden. Dieser lokale Fokus, den Konsumentinnen und Konsumenten das zu geben, was sie wollen, muss an erster Stelle stehen. Man kann ihnen nicht diktieren, was sie wollen. Wir müssen ihnen zuhören. Ja, sie werden von globalen Athletinnen und Athleten, Prominenten und globalen Produkten beeinflusst, aber wir müssen auch akzeptieren, dass es lokale Einflüsse gibt. Diese Balance müssen wir finden.

Wir können auch unsere Vermarktungsprozesse optimieren. Schnelligkeit ist wichtiger geworden, und wir müssen agiler werden. Die Dinge ändern sich schnell, und wir müssen mit diesen Veränderungen Schritt halten, um in den Augen unserer Konsumentinnen und Konsumenten relevant zu bleiben.

Soll der Fokus auf bestimmte Märkte gelegt werden?

Die Märkte werden gleichberechtigt, aber individuell behandelt. Ich denke, es ist falsch, Prioritäten zu setzen und zu sagen, dass ein Markt wichtiger ist als ein anderer. Wir sollten auf jedem Markt stark sein und unseren Ansatz an jeden Markt anpassen.

Das bedeutet, dass wir in Europa als unserem Heimatmarkt Marktführer sein sollten. Wir wissen auch, dass man nicht wirklich eine globale Marke ist, wenn man in Nordamerika nicht erfolgreich ist. China war für uns ein Wachstumsmotor. Aufgrund der Pandemie und anderer Herausforderungen sind wir jedoch nicht mehr da, wo wir einmal waren, aber ich habe das Gefühl, dass es dort wieder aufwärts geht. In Lateinamerika sieht es super aus, was mich optimistisch stimmt. Und dann gibt es noch Märkte wie Korea und Japan, die sehr richtungsweisend und sehr modeorientiert sind. Hier haben wir echte Wachstumschancen.

Um auf jedem Markt zu gewinnen, müssen wir enger mit unseren Konsumentinnen und Konsumenten zusammenarbeiten, um herauszufinden, was funktioniert und was nicht. Wenn man ein gutes Produkt hat und der Einzelhändler es haben will, werden unsere Konsumentinnen und Konsumenten es wahrscheinlich auch kaufen. Wenn der Einzelhändler es nicht will, dann wollen die Konsumentinnen und Konsumenten es wahrscheinlich auch nicht.

Wir haben sowohl physische Läden als auch unseren E‑Commerce-Kanal, so dass wir immer die Produkte auf den Markt bringen können, die wir wollen, und sie testen können. Wir verfügen bereits über viele Konsumenteneinblicke, die uns definitiv helfen könnten, auf den Märkten zu gewinnen.

Apropos Einblicke und Trends: Welche Trends siehst du derzeit in der Branche?

Es gibt so viele Megatrends, die gut für uns als Unternehmen sind, aber der, der mir am besten gefällt, ist, dass die Menschen während Covid wieder angefangen haben, mehr Sport zu treiben. Sie achten wieder mehr auf ihre Gesundheit und entdecken Individualsportarten – vor allem in der freien Natur – wie Walking, Laufen, Radfahren und Skifahren. Auch Yoga, Pilates und eine Vielzahl anderer Sportarten nehmen zu, und das ist sehr gut für uns!

Der Arbeitsplatz wird immer legerer, und die Menschen tragen Sneaker und Marken-Sweatshirts zur Arbeit. Es ist offensichtlich, dass das Homeoffice dazu geführt hat, dass die Menschen in allen Bereichen ihres Lebens legerer geworden sind.

Vergangenes Jahr wurden Samba und Gazelle zu dem besonderen Look, den alle wollten. Das ist etwas, das wir besitzen und total angesagt ist. Das hat sich in den vergangenen sechs bis neun Monaten organisch entwickelt, und ist ein Trend, von dem wir wirklich profitieren.

adidas hat schon immer einen starken Fokus auf Nachhaltigkeit gelegt. Wie wichtig ist dieses Thema für dich?

Für mich ist Nachhaltigkeit eine Priorität, die alle Unternehmen haben sollten. Dinge zu tun, die gut für die nächste Generation sind – für den Planeten – ist ein Wert, den wir alle haben müssen. Diese Branche, und insbesondere adidas, hat in den letzten 30 Jahren viel Gutes für den Planeten getan. Damals haben wir überhaupt nicht darüber nachgedacht, und jetzt sehen wir, wo wir stehen.

Unser Unternehmen hat sich sehr klare Ziele gesetzt, was wir erreichen wollen, und wir werden genau das tun. Nachhaltigkeit wird eines der Dinge sein, über die alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – vor allem diejenigen, die am Produkt arbeiten – Bescheid wissen müssen. Das ist nichts, was wir nur an eine Abteilung delegieren können. Ich glaube, dass alle im Unternehmen hier informiert sein sollten.

Worauf freust du dich im Jahr 2023 am meisten?

Ich freue mich auf die großen Sportereignisse, darunter die FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2023 in Australien und Neuseeland. Was die geschäftliche Seite betrifft, so freue ich mich darauf, Fortschritte bei unserem Turnaround zu machen und unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu zeigen, dass wir positive Veränderungen herbeiführen können. Auch wenn wir kurzfristig Probleme haben, können wir wieder dorthin zurückkehren, wo wir hingehören.

Möchtest du abschließend unseren Aktionärinnen und Aktionären noch etwas mitteilen?

adidas ist ein Unternehmen wie kein anderes. Es gibt wahrscheinlich wenige andere Marken auf der Welt, die so emotional sind wie adidas. Wir sind relevant im Sport, in der Musik, in der Unterhaltung und in der Mode. Unsere Anziehungskraft ist global und erstreckt sich über mehrere Generationen. Und wenn ich in die Zukunft blicke, dann sehe ich, dass die Menschen mehr Sport treiben, sich legerer kleiden und noch stärker markenorientiert sind. Wenn man sich das alles vor Augen hält, denke ich, dass wir ein großartiges Unternehmen sind, in das es wert ist, zu investieren.

Lifestyle
In der Kategorie ‚Lifestyle‘ fassen wir alle Produkte aus den Bereichen Schuhe, Bekleidung und ‚Accessoires und Ausrüstung‘ zusammen, die vom Sport inspiriert sind und aus Stilgründen getragen werden. ‚adidas Originals‘ steht im Zentrum der Kategorie ‚Lifestyle‘ – die Marke ist vom Sport inspiriert und wird auf der Straße getragen.
Performance
In der Kategorie 'Performance' fassen wir alle Produkte aus den Bereichen Schuhe, Bekleidung und 'Accessoires und Ausrüstung' zusammen, die eher technischer Natur sind, für den Sport hergestellt und beim Sport getragen werden. Dies sind unter anderem Produkte aus unseren wichtigsten Sportkategorien: Fußball, Training, Running und Outdoor.